Der Graskarpfen, auch Grasfisch, Weißer Amur oder Chinakarpfen genannt, ist eine asiatische Fischart, welche in vielen Teilen der Welt eingebürgert wurde. Entgegen seiner Namensgebung ist er mit dem Karpfen jedoch nicht näher verwandt und gehört zur Familie der Xenocyprididae. Der bis zu 1.50m große und bis zu 50kg schwere Fisch wird in unseren Breitengraden vor allem zur natürlichen Wasserpflanzenbekämpfung besetzt. Was du über den Graskarpfen wissen musst, erkläre ich dir in der Fischkunde und im Steckbrief.
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Steckbrief Graskarpfen
Name: | Graskarpfen, Weißer Armur, Grasfisch, Chinakarpfen |
Lateinischer Name: | Ctenopharyngodon idella |
Englischer Name: | Grass Carp |
Ordnung: | Karpfenartige (Cypriniformes) |
Unterordnung: | Karpfenfischähnliche (Cyprinoidei) |
Familie | Xenocyprididae |
Gattung: | Ctenopharyngodon |
Verbreitung: | Asien, Europa, Nordamerika |
Max. Länge: | 150cm |
Max. Gewicht: | 50kg |
Körperbau: | langgestreckter & drehrunder Körper |
Lebensweise: | Schwarmfisch, Friedfisch |
Lebensraum: | Fließgewässer, Stillgewässer |
Laichzeit | April – Juli |
Gefährdungsstatus: | Nicht Gefährdet (Invasiv) |
Körperbau, Aussehen und Merkmale
Der Graskarpfen hat einen langgestreckten und drehrunden Körperbau. Der Kopf wirkt abgestumpft, dabei fällt das Maul leicht unterständig aus. Zwischen den Nasenlöchern befindet sich außerdem eine Delle. Der Grasfisch hat keine Barteln. Anatomisch auffällig ist die große und eingebuchtete Schwanzflosse, welche in Anglerkreisen auch Paddel genannt wird und auf einen klassischen Flussfisch hinweist.
Entlang der Seitenline befinden sich 42 bis 45 dunkelumrandete Rundschuppen. Unterhalb der Seitenlinie sind 5 Schuppenreihen angeordnet. Jüngere Grasfische werden oft mit dem Döbel verwechselt, wobei dieser nur 3 bis 4 Schuppenreihen unter seiner Seitenline zeigt und die Bestimmung schnell erledigt ist. Der Graskarpfen hat eine dunkelgrüne, schwarzgrüne bis goldbronzene Rückenpartie, gleichfarbige aber heller werdende Flanken und einen weißlichen Bauch.
Erkennungsmerkmale vom Graskarpfen zusammengefasst:
- Körperbau: langgestreckter und drehrunder Körper
- Körperfarbe: dunkelgrüner, schwarzgrüner bis goldbronzener Rücker, gleichfarbige heller werdende Flanken und weißlicher Bauch
- Schwanzflosse: kräftiger Schwanzstil mit auffällig großer Schwanzflosse
- Schuppenart: Dunkelumrandete Rundschuppen
- Schuppengröße: Groß
- Schuppenanzahl Seitenlinie: 42-45
- Maulstellung: leicht unterständig
- Flossenformel: D 0/10, A 0/10-11, P 0/21, V 0/10
Größe, Gewicht und Graskarpfen Rekord
Der Graskarpfen kann maximal 150cm groß und 50kg schwer werden. Durchschnittliche Exemplare sind bei einer Körperlänge von 60cm bis 80cm verortet, diese kann er unter guten Lebensbedingungen (großes Nahrungsangebot, hohe Wassertemperaturen) bereits nach 4 bis 6 Lebensjahren erreichen.
Der derzeitige Rekord Graskarpfen mit einem Gewicht von 42.10kg bei einer Körperlänge von 1.37m stellte Thibault Perrier im September 2024 am französischen Lac d’Arc-sur-Tille auf. Das im Privatbesitz befindliche Baggerloch ist für seine Großfische hinreichend bekannt und für Angler ein beliebtes Reiseziel. Sein Fang wurde selbstverständlich hinreichend gemessen, verwogen und dokumentiert.
Maximales Alter und Wachstum
Grasfische können ein Alter von 33 Jahren erreichen, wobei der Durchschnitt bei 5 Jahren bis 11 Jahren liegt. Das Wachstum ist schnell und viele Jungfische sind im ersten Sommer bereits 20cm lang, manche auch etwas länger. Danach sind jährliche Wachstumsschübe um die 10cm geläufig und können in nahrungsreichen Habitaten mit dauerhaft hohen Wassertemperaturen bei weitem übertroffen werden.
Dokumentiert sind u.a. Einzelfische, welche nach 6 Jahren auf eine Körperlänge von 1.20m heranwuchsen. In französischen Seen legte ein jugendlicher Grasfisch stolze 2.3kg Gewicht innerhalb eines Jahres zu. In der englischen Literatur wird von Gewichtszunahmen von bis zu 5kg jährlich berichtet, wobei solche Wachstumsschübe wohl der asiatischen und wesentlich wärmeren Klimazone zuzuschreiben sind.
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Verbreitungsgebiet
Graskarpfen waren ursprünglich in Asien verbreitet, wo sie schwerpunktmäßig die chinesische Ebene und das Amur Flusssystem besiedelten. Dort wird er seit dem 10 Jahrhundert gezüchtet, was zur Verbreitung über den Amur und seinen Nebengewässern hinaus führte. Durch Besatzmaßnahmen sind die Fische u.a. auch nach Nordamerika, Japan und Europa gelangt, um als natürlicher Regulator gegen übermäßigen Wasserpflanzenbewuchs zu dienen. Graskarpfen ernähren sich größtenteils pflanzlich und davon viel, wodurch eine gewässerschonende Bewirtschaftung möglich schien.
Eine natürliche Verbreitung, der Graskarpfen ist außerhalb Asiens als invasive Art einzustufen, war hingegen mit einem geringen Risiko behaftet. Die Fische können sich in Stillgewässern nicht vermehren, wohingegen europäische und amerikanische Flüsse selten konstante Wassertemperaturen über 21 Grad während seiner Laichzeit aufweisen. In Nordamerika ist es dem Graskarpfen allerdings doch gelungen, sich in einigen südlichen Bundestaaten fortzupflanzen. Dort sind die Frühjahrs und Sommerphasen heiß genug. Eine Verbreitung in die sommerkälteren nördlichen Gefilde war bisher jedoch nicht zu beobachten.
Lebensweise vom Graskarpfen
Der Graskarpfen ist ein Schwarmfisch mit der Vorliebe für strömungsarmes, warmes und tieferes Flusswasser. Die Hauptaktivitätszeit fällt auf das späte Frühjahr bis zum Frühherbst, wenn die Wassertemperaturen in den zweistelligen Bereich hineinstoßen. Die Fische fressen dann ununterbrochen und sind dabei gut zu beobachten, wie sie u.a. die Krautfelder im Flachwasser abgrasen.
An Stillgewässern sind die mächtigen Rückenflossen, welche wie Bootsegel aus dem Wasser ragen, an vielen Baggerlöchern ebenfalls wohlbekannt. Graskarpfen lieben es, sich an heißen Sommertagen stundenlangen Sonnenbädern hinzugeben. Ein Bild, das ich aus meiner Kindheit nur allzu gut kenne und sich bis heute ins Gedächtnis brannte. Vom Spätherbst bis zum zeitigen Frühjahr nimmt die Aktivität dagegen drastisch ab und die Nahrungssuche findet kaum bis gar nicht statt.
Lebensraum
Der Graskarpfen gilt als anspruchsloser, robuster und anpassungsfähiger Fisch, der in vielen Lebensräumen zurecht kommt. Seen und Flüsse werden gleichermaßen bewohnt, wobei Fließgewässer mit kiesigen Untergründen für die Fortpflanzung gegeben sein müssen. Stillgewässer werden entweder durch Flussanbindungen oder Hochwasserlagen besiedelt. Der Grasfisch ist ein Überlebenskünstler und kann auch in Gräben oder Weihern überdauern. Guter Wasserpflanzenbewuchs bildet an allen Gewässertypen die Nahrungsgrundlage.
Niedrige Sauerstoffwerte oder höhere Schadstoffbelastungen stellen den Graskarpfen vor keine Herausforderung. Wassertemperaturen über 30 Grad übersteht er ebenfalls, viele einheimische Fischarten wären dann bereits Fischstäbchen. Obwohl er ein ausgewiesener Warmwasserfisch ist, werden auch einstellige Wassertemperaturen während der europäischen Winterphasen problemlos überstanden. Leicht salziges Wasser (Brackwasserregion) ist für den Weißen Amur ebenso erträglich.
Natürliche Nahrung
Der Graskarpfen macht seinem Namen alle Ehre und ernährt sich hauptsächlich von Wasserpflanzen. Er frisst u.a. Hornkräuter, Wasserlinsen, Seerosen, Binsen oder Tausendblätter, wobei er weichere Kost immer vorzieht. Während der sommerlichen Warmwasserphasen, seiner Stoffwechselhochzeit, kann er von diesen Wasserpflanzen mehr als das eigene Körpergewicht pro Tag (!!!) fressen. Der Graskarpfen verdaut allerdings nur 10% der Gesamtmenge tatsächlich, weshalb massenhaft organisches Material dem Gewässer wieder zugeführt wird.
Sind Wasserpflanzen kaum bis nicht mehr vorhanden, er selbst kann dafür mitsamt fatalen Folgen für den Lebensraum sorgen (u.a. fehlende Laichplätze für diverse Fischarten), weicht der Graskarpfen auf Kleinstlebewesen wie Insektenlarven, Muscheln oder Schnecken aus, welche er sich sonst nur als Beiwerk bei seiner Unterwasserwiesenwaid einverleibt. Kleinfische verschmäht der Weiße Amur nicht, auch diese werden gefressen, wenn andere Nahrung knapp ist.
Natürliche Feinde
Natürliche Feinde hat auch der Graskarpfen, wobei er sich diesen mit seinem schnellen Wachstum schnell entzieht. Die größte Gefahr stellen noch Hechte oder Welse dar, welche größere Beutefische bewältigen können. Kleinmäulige Raubfischarten wie der Aal, Barsch oder Zander könnten der Graskarpfenbrut zumindest bis zum ersten Sommer nachstellen, danach wäre diese mit einer Körperlänge bei 20cm aber schon zu groß oder dem bevorzugten Beutespektrum entwachsen.
Zum Vergleich: Um eine Körperlänge von 20cm zu erreichen benötigen Rotaugen zirka 7 Lebensjahre. Ausgewachsene Grasfische haben in Deutschland bis auf den Fischotter keine natürlichen Feinde. In den USA sind die Graskarpfenbestände, wo eine Reproduktion stattfindet, wahrscheinlich schon deshalb explodiert, weil auch dort Raubfische dem schnellen Wachstum nur wenig entgegensetzen können.
Laichzeit und Fortpflanzung vom Graskarpfen
Der Graskarpfen laicht von April bis Juli in Fließgewässern bei Wassertemperaturen zwischen 21 Grad und 25 Grad. Gelaicht wird über kiesigen Untergründen in mittlerer bis starker Strömung, welche eine erhöhte Sauerstoffversorgung begünstigt. Für geeignete Laichplätze unternehmen die Grasfische auch Wanderungen, welche in großen Schwärmen erfolgen. Eine Besonderheit: Die Eiablage wird erst initiiert, wenn die Wasserstände zusätzlich zur optimalen Wassertemperatur u.a. durch Starkregen schnell ansteigen.
Nachdem das Weibchen bis zu 100.000 Eier pro Kilogramm Körpergewicht abgelegt hat, quellen diese auf, steigen an die Wasseroberfläche und werden von der Strömung abgetrieben. Die Schlupfdauer vom Ei bis zur Larve beträgt bei Wassertemperaturen zwischen 24 Grad bis 29 Grad ungefähr 24 Stunden bis 48 Stunden. Spätestens 4 Tage nach dem Schlupf beginnt die Graskarpfenbrut aktiv Kleinstorganismen zu fressen. Ab einer Körperlänge von 5cm wird auf pflanzliche Nahrung umgestellt. Graskarpfen erreichen das fortpflanzungsfähige Alter zwischen 4 Jahren und 6 Jahren, wobei Männchen ein Jahr früher die Geschlechtsreife erlangen.
Keine natürliche Fortpflanzung von Graskarpfen in Deutschland
In Deutschland ist bisher kein einziger Fall dokumentiert, das sich Graskarpfen in unseren Flüssen erfolgreich vermehrten. Deutsche Flüsse erwärmen sich erst im späten Jahresverlauf auf die erforderlichen Wassertemperaturen und diese schwanken durch die sich abkühlenden Nächte stark. Die durchschnittliche Wassertemperatur des Rheins liegt am Ende der Graskarpfenlaichzeit im Juli beispielsweise erst bei 19.6 Grad.
Weibliche Fische bauen zwar durchaus Laich auf, möglicherweise wird dieser während heißer Frühsommerphasen (wie 2003 oder 20022) auch besamt und abgesetzt, die Eier können sich aber nicht bis zum Schlupf entwickeln und sterben, weil der Wachstumszyklus konstant warmes Wasser ab mindestens 21 Grad erfordert.
Deutsche Flachwasserflüsse unter hitzigen Sommerphasen mögen Chancen eröffnen, aber dort fehlt es wiederum häufig an kiesigen Untergründen und den vom Graskarpfen zur Fortpflanzung benötigten Pegelanstiegsphasen, welche im vom China geprägten regenstarken subtropischen bis tropischen Klima immer gegeben sind. Es gibt Einzelberichte, wo von Graskarpfenbrut in deutschen Flüssen berichtet wird, allerdings existiert kein einziger Nachweis.
Angeln auf Graskarpfen
Graskarpfen sind per se nicht schwierig zu fangen, aber aufgrund der geringen Bestandsdichte in den von Wasserpflanzen (seiner Nahrung) bewucherten Gewässern herausfordernd. Seiner Natur entsprechend sind vor allem die Sommermonate die beste Fangzeit, welche mit vielen Methoden bespielbar ist. Gemeinsam haben sie alle, das Graskarpfen ihre Nahrung ungern vom Gewässergrund sammeln (kein Rüssel) und auftreibende, schwimmende oder kleinere Köder wie Hartmais, Dosenmais, Brotflocken, Tigernüsse* oder Pop-Ups bevorzugen.
Das tagelange Vorfüttern ist ein Stilmittel, um den Grasfischen eine aussichtsreiche Angelstelle noch schmackhafter zu machen und die Chancen zu steigern. Das Anfüttern geschieht mit Partikelmixen, welche u.a. aus Hanf, Mais, Weizen oder Tigernüssen bestehen. Nächtelange Ansitze werden mit Karpfenruten bis 2.5lbs*, monofilen Schnüren ab 0.30mm auf Angelrollengrößen ab 5000 sowie Hair-Rigs an Festbleimontagen bewältigt. Beim Angeln auf Sicht werden die Fische aktiv gesucht und mit Schwimmbrot (oder Salatblättern bis hin zu Löwenzahn) an der freien Leine oder Schwimmpose angeworfen.
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Bedeutung als Speisefisch
Graskarpfen sind die in China am zweitmeisten gezüchteten Speisefische und werden dort nur vom Silberkarpfen übertroffen. In der asiatischen Küche wird das weiße, geschmacklich vorzügliche, aber grätenreiche Fleisch mit typisch asiatischen Einschlägen gebacken, gebraten oder gedünstet zubereitet. Klassisch ist u.a. der Grasfisch in unzähligen Curryvarianten, Filets mit süßsauren Saucen oder Sojasaucen sowie allerlei Suppen mit Frühlingszwiebeln, Ingwer, Sprossen und Morcheln.
Ich selbst hatte als kleiner Steppke einen 87cm Graskarpfen am Campingplatz Baggerloch gefangen und dort lediglich mit Salz und Pfeffer gegrillt genossen. Der Fisch ist auch ohne großen Firlefanz superlecker, das muss man ihm lassen! Manch Angler meint auch, das er geräucherte Karpfen übertrumpft. Was meinst du? Zeugs zum Räuchern findest du übrigens bei meinem Partner*.
Gefährdungssituation
In Deutschland wird der Graskarpfen auf der Liste der bedrohten Tierarten nicht angeführt, weil er keine einheimische Fischart und dementsprechend als invasive Art (Neozoen) eingestuft ist. In Asien scheinen die Bestände intakt zu sein, wo er sich mit seiner Widerstandfähigkeit und Fruchtbarkeit, schlussendlich aber dem geringeren Befischungsdruck durch ökonomisch ertragsreichere Züchtung, in natürlichen Flüssen zu halten scheint.
Allerdings sind auch in Asien die zunehmende Flussverbauung, geschweige denn die enorme Gewässerverschmutzung, ein fortschreitendes Problem. Wahrlich nicht nur für den Graskarpfen, sondern für alle Tierarten entlang des Amur Flusssystems. Und wir sind in Deutschland keinesfalls besser, wie der teilweise desaströse Zustand unserer Fließgewässer Jahr für Jahr beweist.
Herzlichst, dein 16er-Haken